Rechtsanwältin Susanne Kilisch erklärt wie der Wille betreuter Menschen ermittelt wird und die Umsetzung durch Betreuer erfolgen soll.
Zentrale Pflicht für Betreuer zur Ausübung ihres Amtes besteht darin, die Betreuung nach den Wünschen des Betreuten zu führen. Diese sog. Wunschbefolgungspflicht gilt für das gesamte Betreuungsverfahren, also für alle Aufgabenbereiche.
Diese Wunschbefolgungspflicht ist ausschließlich an die persönlichen und finanziellen Ressourcen des einzelnen Betreuten geknüpft und steht ausdrücklich seit 01.01.2023 nicht (mehr) in Zusammenhang mit dem objektiven Wohl des Betreuten. Entscheidend ist also, was subjektiv für jeden einzelnen Betreuten „Wohl“ bedeutet und erfordert.
Auf keinen Fall dürfen Wünsche betreuter Menschen allein deshalb übergangen werden, weil sie womöglich von durchschnittlichen gesellschaftlichen Ansichten abweichen oder objektiv unvernünftig erscheinen.
Leider wird dies in vielen Betreuungsverfahren immer noch verkannt.
Sofern Betreuer in ihren Entscheidungen und Handlungen für den Betreuten von den Wünschen des Betreuten abweichen oder die Wünsche für unbeachtlich halten, gilt dafür ein strenger Maßstab und ist nur unter den Voraussetzungen des § 1821 Abs. 3 BGB möglich.
Nach § 1821 Abs. 3 Nr. 1 BGB haben Betreuer den Wünschen von betreuten Personen nicht zu entsprechen, sofern „_die Person des Betreuten oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann._“
oder nach § 1821 Abs. 3 Nr. 2 BGB _“dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist.“_
Im Rahmen von in unserer Kanzlei geführten Mandate stellen wir fest, dass Betreuer nicht nur die Wunschbefolgungspflicht missachten, sondern schon nicht dazu bereit sind, Wünsche von Betreuten zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn diese zu ermitteln.
In besonders bemerkenswerten Einzelfällen besteht diese Pflichtwidrigkeit in Nichtstun oder gipfelt in Handeln gegen den Willen betreuter Personen. In anderen Fällen werden Anliegen von Betreuten rundweg abgelehnt. Es kann sich dabei um Betreuungsverfahren handeln, in denen Betreute derartige Situationen über lange Zeiträume hinnehmen, weil sie resigniert haben oder nicht darüber informiert sind, dass es sich dabei um Tatbestände handelt, die die Eignung des Betreuers in Frage entfallen lassen und einen Betreuerwechsel rechtfertigen können.
Inhaltlich handelt es dabei zum Teil um massivste finanzielle Beschränkungen, die Betreuten von Betreuern nach eigenen Maßstäben aufgezwungen werden. Dies obwohl umfangreiche finanzielle Ressourcen vorhanden sind und vor der Betreuung ein völlig anderer Lebensstil praktiziert wurde.
Verfügungsgeld für Lebenshaltungskosten wird in zu geringer Höhe bereitgestellt, Urlaubsreisen und Restaurantbesuche versagt, die bisherigen Lebenshaltungskosten und der bisherige Lebensstil für zu aufwändig betrachtet. Beeinträchtigen Menschen werden persönliche Beschränkungen auferlegt, indem sie vermeintlich „freiwillig“ in stationären Einrichtungen belassen werden, obwohl diese sich nichts mehr wünschen, als ein privates Leben in zur Verfügung stehenden anderen Wohnformen zu führen.
Dieser Beitrag wurde von Frau Rechtsanwältin Susanne Kilisch von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Volker Thieler – Prof. Dr. Wolfgang Böh – Oliver Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH verfasst. rau Rechtsanwältin Susanne Kilisch hat sich auf den Tätigkeitsschwerpunkt Betreuungsrecht und hier insbesondere auf Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung spezialisiert. Die deutschlandweit tätige Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist seit Jahren u.a. auf das Thema Betreuungsrecht und hier insbesondere auf Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung sowie die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in Betreuungsangelegenheiten spezialisiert.
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